Auf der roten Linie tänzeln

24. Sparda-Bank Triahtlon, Hagen (+++ Oberliga +++)

Wenn ihr die Musik nicht zusagte, so ließ sich mein Schwesterherz es sich zumindest kein bisschen anmerken.
Ich unterdies genoss den progessiven Heavy Metal in Dauerschleife, während wir in meinem Twingo die Autobahnausfahrt ansteuerten.
Soll mal einer behaupten wir Wettkampfsportler wären abergläubig, aber… glaubt mir: Wettkampfrituale haben Vorteile!
Sie bringen Körper und Geist in die richtige Stimmung; erinnern an positive Erfahrungen – bereiten so innerlich auf das Kommende vor.
Und da ich auf dem Weg nach Buschhüttten alleine im Auto saß und Five Finger Deathpunch auf vollster Lautstärke hörte, muss Schwesterchen da jetzt durch. Sind ja nicht sooo viele Wettkämpfe diese Saison.
„Die können auch super Balladen, sind nur leider keine auf diesem Album drauf“, versuche ich Stimmung zu machen, während Ivan „The lying! The bleeding! The screaming!“ dazwischen shouted.
Das Navi schafft es kaum gegen die Musik an, aber die Strassen kommen mir selbst nach einem Jahr vertraut vor. Die Wettkampfstrecken, vor allem den Aufbau der Wechselzone, hatte ich mir ebenfalls in den letzten Tagen nochmal scharf ins Gedächnis gerufen -gür irgendwas muss dieses Situationsgedächnis schließlich gut sein- und war auch in Gedanken die Radstrecke schon mehrmals abgefahren.
Diesmal würde ich keine „Einführungsrunde“ brauchen, soviel stand mal fest!
Direkt neben den Kollegen, die heute in der Verbandsliga starten würden, parkten wir, luden schnell aus und ab gings ins Freibad.
Dort erwarteten uns dann auch schon Jörg und Linda bei herrlichstem Sonnenschein. Kein Vergleich zu letztem Jahr!
Matthias und Andreas stießen wenig später ebenfalls dazu und ab gings durch den Check-In. Fast alle anderen Teams hatten schon aufgebaut, die Stimmung war grandios und letzte Unsicherheiten zum Trainingsstand wurden einfach weggescherzt.

Am Beckenrand angekommen, wünschten wir uns alle gegenseitig Glück und Erfolg und schossen noch ein Vorher-Foto.
In unserer Bahn wurde sich wie gewohnt abgesprochen und ich gab meine Leistung mit 17-18 Minuten an. Irgendwie waren alle anderen „unter 17″… naaja, also doch als letzter los.
Kurze Nachfrage beim Rundenzähler, ob er die letzten 100m ansagt, oder nicht -was er bestätigte- und der Startschuss ging hoch.
Nach 10m wusste ich, dass meine beiden Vordermänner entweder übertrieben hatten, oder ich doch schneller als 17min bin. Ich schwamm mein gewohntes Tempo und klebte den Jungs schon nach 20m auf der Hüfte. Na toll!
Die erste Wende verlief chaotisch wie immer wenn 8 oder 9 Mann nahezu gleichzeitig aufs Bahnende treffen.
Ich entschloss kurzerhand auszuschwenken und min 2 Plätze vorzuschwimmen, um etwas mehr Platz und Tempo zu bekommen.
Gesagt, getan. Oh wow, das ging ja echt gut!
Jetzt klebte ich aber wieder einem weiteren Schwimmer auf der Pelle, der jedoch nur ein wenig langsamer war als ich es gerne hätte.
Kann aber auch der Wasserschatten sein… mal abwarten.
Ein paar Bahnen zogen wir dicht an dicht hintereinander her und ich zählte noch eifrig mit, 8 von 20 hatten wir, dann wurde mein Vordermann nochmal merklich langsamer.
Leider schwomm er nicht äußerst rechts, sondern eher mittig. Links vorbei ging also nicht wegen des Gegenverkehrs und wann immer ich rechts zwischen ihm und der Absperrung durch wollte, kassierte ich Prügel und tritte. Einmal erwischte es mich voll am linken Brillenglas, zum Glück frontal sodass es zwar gut wehtat, aber die Brille blieb dicht. Beim nächsten Versuch kassierte ich mehrere Rippentritte und musste nach Luft ringend den Überholvorgang abbrechen.
Schließlich kickte der Kollege mir meinen Schnellverschluss der GPS-Uhr vom Handgelenk und nur mit Glück konnte ich ihn im Vorbeischwimmen noch auffischen. die nächsten 70m schwamm ich also links mit Faust, bevor ich Schnellverschluss schließlich am Schwimmausstieg an den Beckenrand werfen konnte. Jetzt hatte ich aber die Faxen dicke und 50m später konnte ich endlich an diesem Kollegen vorbeiziehen, was mich fast die gesamte Bahnlänge kostete. Noch in der Wende zog er allerdings wieder vorbei, setzte sich vor mich… und trat mir wieder vor die Schulter.
Ok, lassen wirs dabei… Zusammen stiegen wir schließlich nach 1000m aus dem Wasser, ich erhaschte meinen Schnellverschluss, warf die Badekappe weg und noch bevor ich richtig stand war auch schon die Schwimmbrille vom Kopf und ich lief zum Rad.
Dort staunte ich nicht schlecht, denn es waren nicht nur mehr Räder als gewohnt in den Racks, nein Jörg stand auch noch dort und zog sich gerade den Helm auf.
Krass, also da muss ich ja mal riiichtig geil schnell gewesen sein. Ähm, nein. Jörg ist (wie alle auf seiner Bahn) 100m zuviel geschwommen.
Aber egal, ich wollte unbedingt vor ihm aufs Rad, einfach weil ich noch nie als Nichtletzter aufs Rad bin.
Helm auf, Rad aus dem Rack und los. Yeeehaaa, perfekter Wechsel… aber halt!
Mein Startnummernband hängt noch am Lenker.
Und ich stehe bereits 10m vom Rack entfernt auf der Wiese mit dem Rad in der Hand. Das ist 1. echt uncool und 2. auch nicht soo regelkonform.
Kurzentschlossen legte ich Noho auf die Seite und friemelte das Band vom Lenker, während die Bugflasche langsam auslief.. Shit.
Jörg rannte an mir vorbei zum Radaufstieg, ich richtete Noho wieder auf und hechtete hinterher. Nebeneinander stiegen wir auf, wobei ich feststellen musste, dass beide Schuhe mit der Sohle nach oben in den Pedalen hingen, da beie Gummis beim Hinlegen des Rades ebenfalls gerissen waren.
Irgendwie friemelte ich meine Füße auf die Schuhe und fuhr los. Jörg war 10m vor mir.
Auf dem Zubringer war Überholverbot angesagt, aber im Endeffekt wars auch gut so, denn so konnte ich in aller Ruhe und ohne Angst vor Dränglern erstens meine Schuhe richtig anziehen, danach den Schnellverschluss der GPS-Uhr wieder ums Handgelenk binden und den Füllstand meiner Bugflasche kontrollieren.
Zum Glück war viel weniger verloren gegangen als befürchtet!

Mit dem Verlassen des Zubringers zog Jörg an seinem Vordermann vorbei – und ich an Jörg.
Zum ersten Wendepunkt ging es relativ flach, hierher fuhr ich mir erstmal die Beine warm, denn der zweite Wendepunkt lag 100m hoch am Hang. Am Fuße des Berges legte ich das kleine Blatt auf, blieb aber in Aeroposition und fuhr mit fast 25km/h die Serpentinen hoch. Fast wie im Spinningkurs!
Oben angekommen wusste ich, dass ich gar nicht mal soo schlecht im Teamranking lag: Matthias hatte zwar noch einen größeren Vorsprung (er ist aber auch ein wahnsinns Schwimmer und guter Radfahrer!), Andreas würde ich aber noch auf der ersten Abfahrt erreichen können.
Die Links-Rechts-Kurven sind ein Traum für jeden Motorradfahrer: Erst gings steil geradeaus, 80km/h konnte man hier schon erreichen, dann folgte eine 180° Rechtskurve mit Doppelleitplanken, die man schon noch mit etwas über 40 nehmen konnte. Dann ging es in eine 180° Linkskurve, in der ich stehend tretend Andreas in der Innenseite überholte.
Nach einem kleinen Geradeausstück folgten zwei 180° Linkskurven, die man schon arg flott angehen konnte und dann gings nochmal Schussfahrt geradeaus und über eine Brücke dem letzten, leicht ansteigenden Wendepunkt zu.
Ich liebe diese Radstrecke, da sie alles abfragt was einen guten Rennradfahrer ausmacht: Drücken auf den ebenen Stücken, Kraft am Berg und Geschick in der Abfahrt!

Oder wie Atze Schräöder einst sagte: Geradeaus kann jeder, aber in der Kurve trennt sich die Spreu vom Weizen.

Da ich mich letztes Jahr aber genau hier abgeschossen hatte und beim Laufen nur noch gelitten habe, hatte ich diesmal einen anderen Fahrplan:
1. Runde Vollgas
2. Runde ruhig am Berg, hart bergab
3. Runde Vollgas
4. Runde ruhig am Berg und ruhig bergab, aber wieder mit etwas Druck zur WZ
Und dann mit möglichst lockeren Beinen hart anlaufen.

Der Plan ging sich auch ganz gut aus und so war ich guter Dinger, als ich die Wechselzone ansteuerte.
Dass dort Matthias noch an seinem Rad stand und sich gerade auf die Laufstrecke begab wunderte mich zwar im ersten Moment etwas, aber zugleich spornte es mich auch immens an: So nah war ich ihm noch nie gekommen!
Mein zweiter Wechsel verlief diesmal aalglatt. Rein in die Schuhe, Red Bull PowerShot gekippt, Brille auf und noch im Umdrehen die GPS-Uhr umgeschaltet.
Leicht fühlten sich meine Bein an, der Plan ging auf, diesmal hatte ich mir nicht zuviel auf dem Rad zugemutet. Ich pacte weiter und weiter, nach wenigen Metern war ich mit Matthias gleichauf und zog im 3:30er-Schnitt vorbei.
Für einen Moment verflog meine Leichtigkeit, denn mir war klar, dass ich dieses Tempo garantiert nicht auf 10km würde halten können. Die Frage war also nicht ob, sondern wann ich einbrechen würde.
Diese Gedanken spülte ich mir mit dem ersten Schwamm aus dem Kopf und konzentrierte mich wieder auf das Rennen.
Vor mir auf dem Kurs gab es nur ganz wenige blaue Oberliga-Wettkampfnummern, dafür ganz viele Verbandsliga-Schilder.
Ich hangelte mich also von Verbandsligisten zu Verbandsligisten zu Verbandsligisten, da war ein Vereinskollege, den feuerte ich im Vorbeilaufen gehörig an, und weiter und weiter ging es.
Dass mein Bruder mich mehrmals auf der Laufstrecke fotografierte, mir offenbar auch was zurief, nahm ich gar nicht mehr wahr.
Bei jedem 400m Piepsen der Uhr kontrollierte ich die Pace: 3:47, 3:54, 4:02, 3:40, 3:51… nicht wirklich konstant, aber auf hohem Niveau!
Die Sonne brannte immer mehr, ich begann zusätzlich zu den Schwämmen Wasserbecher aufzunehmen und mir über den Kopf zu schütten, nachdem ich einen kleinen Schluck getrunken hatte.
Der neue Einteiler ist wirklich der Hammer: Noch bevor der Becher ganz leer war, spürte ich wie die Flüssigkeit von dem Material verteilt und nahezu auf meinem gesamten Körper transportiert wurde.
Ein kühlender Effekt trat nahezu auf der Stelle ein.
Unsere Verbandsligisten waren mittlerweile alle von der Strecke, dafür kamen offenbar die ersten Läufer der zweiten Oberliga-Startgruppe.
Es wurde wieder voller und abermals hangelte ich mich von Teilnehmer zu Teilnehmer durchs Feld.
Wann immer mir meine Teamkollegen entgegen kamen, reckte ich den Daumen hoch und grunzte laut. Eigentlich wollte ich was smartes zurufen, aber das war nicht mehr drin.
Nach sage und schreibe 36:49min für 9,71km und einer Gesamtzeit von 2:06:16h beendete ich schließlich den Wettkampf auf Gesamtplatz 6 und als Team erreichten wir tatsächlich den 2. Platz in der Tageswertung!
Im Vergleich zum letzten Jahr hatte ich auf jeder der 3 Einzeldisziplinen erheblich Zeit gut gemacht, sodass ich am Ende fast 13 Minuten unter der letztjährigen Zeit bleiben konnte.
Klar, ein Teil davon kann man dem erheblich besseren Wetter zuschreiben, und vor allem die Schwimmzeit ist purer Trainingslohn, aber ich denke die hammermäßige Laufzeit rührt zum Teil auch von meiner gescheiten Radtaktik her.

was für ein geiler Tag!

Später liefen im freien Feld auch noch Franzi und Linda unter unserem Applaus ins Ziel.
Franzi war bei den Frauen auf einen tollen 2. Platz gelaufen und Linda hatte ihr persönliches Ziel, nämlich unter 3 Stunden zu finishen, mit knapp 12 Minuten deutlich erreicht!

Alles in allem war es ein super schöner, sonniger und familiärer Tag für alle anwesenden ASV-Athleten.

Jetzt heißt es erholen für Harsewinkel,

Euer Karsten

Der Wettkampf in Zahlen:

Oberliga, Hagen (1,0 / 43 / 9,7)

Team ASV Köln II: Platz 2/18

Matthias: 2:08:39h, Platz: 10
Andreas: 2:08:39h, Platz: 10
Jörg: 2:17:01h, Platz: 42

Karsten: 2:06:16h, Platz: 6
S: 0:17:15h (51,8sek/50m)
T: in "B"
B: 1:12:12h (35,64km/h)
T: in "B"
R: 0:36:49h (3:47min/km)

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