Es ist Sonntag, 11:30Uhr, draußen scheint die Sonne.
Der Himmel ist beinahe strahlend blau bei knapp 10°C.
Perfektes Wetter für einen Spaziergang, oder einen Ausflug ins Bergische Land und der obligatorischen Kaffeetafel „Bergischer Art“: Zum Kaffee werden frische Waffeln und Sahne mit heißen Kirschen gereicht, ganz traditionell auch verschiedene Brot- und Wurstsorten.
Deftiges Landmahl eben.
Andere werden eine Radtour zur Zollfeste Zons unternehmen, unterwegs die ein oder andere Eisdiele ansteuern und sich einen ersten Eiskaffee gönnen.
Die zweite „Sorte Mensch“ schnappt sich ein Buch, eine Handarbeit, ein Instrument, oder ein anderes Hobby und lässt genießt die freie Zeit.
Vielleicht mit Freunden einen Film schauen, Musik hören oder anderen elektronischen Unterhaltungsmedien frönen.
Und dann gibt es noch „uns“:
Die Wahnsinnigen, die scheinbar Rast- und Ruhelosen.
Von den beiden oberen „Menschensorten“ belächelt, bespottet, vielleicht aber auch heimlich ein wenig bewundert, ziehen wir aus und leben unsere etwas ungewöhnlicheren Hobbies aus:
Da wird auf Felsen geklettert, aus Flugzeugen gesprungen, Kopfüber an Gummiseilen gebaumelt, mit dem getunten Karren die Nordschleife verpeest, auf zwei Brettern mit mehr als 100 Sachen den Berg runter gejagt, im Kajak auf wilden Flüssen mit den Elementen gerungen, mit dem Motorrad Afrika erkundet oder von den Massen unbemerkt Handball, Volleyball, Fechten, Bogenschießen und anderen „Werbeunwirksamen Randsportarten“ auf teilweise internationalem Niveau gefröhnt.
…und dann gibt es noch so Exoten wie Stefaan Engels, einem Niederländer, der jetzt seinen 365ten Marathon erfolgreich beendet hat – in 365 Tagen.
Jeden Tag 42,195km laufen, ein ganzes Jahr lang. Das sind 15.401km.
Der Dummschwitzer hat 2011 gerade mal knapp 270km runter.
Im direkten Vergleich ist das natürlich lachhaft, für mich jedoch derzeit das Maximum aus Zeit- und Gesundheitsgründen:
Immerhin habe ich in 6 Wochen schon mehr als 50% meiner kompletten 2010-Laufleistung auf den Asphalt gebrannt. – Wochenschnitt langsam steigend.
Wer ist jetzt der „Wahnsinnigere“?
Für die Meisten in meiner Familie (jedenfalls mütterlicherseits) bin ich schon ein Paradiesvogel, nur weil ich nach dem 30km-Lauf am gestrigen Vormittag gerade schon wieder die Schuhe schnüre und die „sonntäglichen 15“ vorbereite.
Aber das ist doch kein Extremsport (Stefaan Engels hin oder her).
Für mich ist das vielmehr Outdoor-Meditation:
In der Nähe des Pferdegutes läuft mir vielleicht wieder die nette Frau mit ihrem imposanten braunen Shagya-Araber über den Waldweg. Ein paar kurze Worte, ein schönes Restwochenende wünschen und vielleicht sieht man sich nächste Woche ja wieder.
Ganz sicher begegne ich an der Wuppermündung aber beiden den Kajak-Fahrern, die dort ihre Geschosse zu Wasser lassen.
Bei dem Wetter im Rhein paddeln?
Voller Bewunderung werde ich wieder kurz sehen bleiben und dem emsigen Treiben zuschauen.
Dann geht es über den Damm zurück.
Ich überhole die Walker, die Rennradstaffeln überholen mich, am Himmel kreisen Segelflugzeuge.
So ganz ohne Motor in der Luft hängen?
Also im Vergleich zu anderen Gesellen bin ich eindeutig der Waschlappen unter den Extremsportlern!
…obwohl…
Dieses Jahr schaff‘ ich mir endlich ein Motorrad an und ein Fallschirmsprung zusammen mit einem oder zwei Freuden steht auch definitiv auf dem Jahresplan – vom StrongmanRun ganz zu schweigen.
Aber macht mich das zu einem Wahnsinnigen, oder Lebensmüden?
Vielleicht ein wenig.
Aber so sind wir eben, die Rast- und Ruhelosen…


