12 Monate Training für 4 Minuten und 47 Sekunden
Sonntag, 26.06.2011
8:45 Uhr.
Vor fast genau einem Jahr stand ich an genau dieser Stelle.
Damals befand ich mich zum ersten Mal innerhalb eines Startblockes und war entsprechend aufgeregt.
Jetzt zählte ich mich bereits zu den Erfahreren, denn seit dem 27.06.2010 hatte ich bereits einige Rennen absolviert. Und so war mir beim Warmlaufen auch relativ klar, dass ich heute keinen extrem schnellen Tag haben würde.
Naja, wen wunderts: Die letzten Tage daheim immer erst um 6 Uhr morgens in Bett, gestern dann auch schon um 10 Uhr wieder aus den Federn und auf gen Trier. Dort dann mit Freunden ins Kino und später noch auf einen kleinen Absacker übers Altstadtfest geschlendert.
Um 2 Uhr dann heute morgen wie erschlagen in den Schlafsack geklettert. Um 5:50 Uhr dann schon wieder raus.
Da half es auch nur wenig, dass ich diesmal auf der Couch und nicht dem Küchenboden des selben Freundes wie letztes Jahr nächtigte.
Trotzdem, unter 40 Minuten wäre schon sehr schön.
Sozusagen ein kleiner Ritterschlag auch in ‚meinem Trier‘.
Das Wetter jedoch schien ebenfalls etwas dagegen zu haben, denn war es bis vor einer halben Stunde noch ausreichend kühl und bewölgt gewesen, so brach dann plötzlich die Sonne durch und auf der Stelle wurde es warm.
Spontan war ich nochmal zum Auto geflitzt und hatte das wärmende Kopftuch gegen Sonnencreme eingetauscht.
Schräg vor mir erspähte ich ein bekanntes Gesicht: Jener Mitarbeiter der trierer „City Sport“-Filliale, der mir Anfang des Jahres meine Nike Lunar Elite-Rennschuhe empfohlen hat. Wir sprachen kurz miteinander, wünschten uns Glück und schon knallte der Startschuss durch die altehrwürdige Gasse.
Obwohl ich schon erheblich weiter vorne stand, als letztes Jahr, überholte ich auch diesmal auf dem ersten Kilometer wieder geschätzt hundert Läufer, bevor es dann auch schon an der ersten Getränkestation vorbei über die Mosel ging.
Ich hatte im Vorfeld ausreichend getrunken und begnügte mich vorerst mit einem nassen Schwamm, den ich mir im Nacken ausdrückte.
Es ging relativ gemächlich bei einem Schnitt von knapp 3:50min pro Kilometer, also nur etwas über 15km/h, bergab auf die Unterführung und somit der Eurener Straße zu.
Läufer für Läufer vor mir wurde langsamer, ich hielt das Tempo jedoch aufrecht und rutschte dadurch ohne großes Zutun immer weiter nach vorne ins Feld.
Vor mir befand sich plötzlich ein Junge im schwarzen Trikot mit der Aufschrift „Altes Rodalben“.
War das wirklich ein Läufer aus meinem Geburtsörtchen?
Von hinten kam ein ausgewachsener Läufer mit dem selben Trikot an mir vorbei, klopfte seinem jungen Teamkameraden auf die Schulter und zog weiter.
Na da bleib ich doch dran!
Wieder warf ich einen Blick auf das Trikot:
Tatsächlich stand dort „Olli’s Radladen“.
Naja.
Hätte sein können!
Ich heftete mich also die ganze Eurener Straße lang an schwarzen Läufer und trank an Getränkestation 2 etwas Wasser, der Rest landete auf meinem Kopf, außerdem gönnte ich mir wieder einen „Schamm-to-go“.
Als es dann auf die Kaiser-Wilhelm-Brücke zuging und die Strecke zum ersten Mal richtig anstieg, überholte ich meinen schwarzen Vordermann und bog deutlich vor ihm auf die Brücke ein.
Kurz zuvor waren wir aber beide noch Zeuge geworden, wie ein urtrierer Polizist wortgewandt und gestenreich einen uneinsichtigen Taxifahrer in die Schranken wies.
Ein Streckenposten stand etwas abseits mit vor Lachen hochroten Kopf und grinste uns an
Ich grinste, im Rahmen meiner Möglichkeiten, zurück.
Weiter ging es, zum ersten mal auf teilweise schattigen Abschnitten, durch eine kleinere Seitenstraße.
Aus einer Hofeinfahrt vor uns bog ein Tuareg auf die Straße, der Fahrer sichtlich geschockt, dass er sich wohl mitten in einem Rennen wiederfand.
Allerdings war er so weit vor uns, dass er nicht störte.
Was mich allerdings störte war, dass der schwarze „Radladen Olli“ mich wieder zurück überholte.
Na warte!
Es ging links ab in Richtung Porta Nigra und an Getränkestation 3 gönnte ich mir mal so richtig einen Imbiss:
Ganz am Anfang einen Becher aus der Hand gefischt, einen Schluck getrunken, den Rest auf den Kopf. Direkt danach einen Schwamm geangelt und in die linke Hand geparkt und passgenau den letzten Becher aus der Hand des letzten Helfer geschnappt. Diesmal 2 Schluck getrunken, abermals den Rest auf den Kopf.
Derart abgekühlt und erfrischt ging es bergauf am BKT (Gruss an Abbs *g*) vorbei und der Porta entgegen.
Nach und nach leerte ich mir den Schwamm in den Nacken und schon drang das Trommeln der Samba-Gruppe an der Spendenmatte entgegen.
Radladen-Olli lief am linken Straßenrand an der Matte vorbei, ich dagegen lief ganz rechts durch den Spendenbogen (was ohnehin geplant war) und hatte dadurch einen Streckenvorteil, da sich die ganze Geschichte in einer Rechtskurve abspielte.
Richtig absetzen konnte ich mich aber wieder nicht.

Und als wir wenige Minuten später abermals auf einem langgezogenen Bergaufstück den Kaiserthermen entgegen liefen, hatte mich „Olli“ wieder ein- und überholt.
Aber auch ich ließ ihn nicht von dannen ziehen, sondern klebte dicht an seinen Fersen.
Das änderte sich dann leider kurz vor den Thermen.
Olli gab Gas – ich hatte mein weniges Pulver leider verschossen.
In der Unterführung kassierte ich zwar meinerseits nochmal einen Läufer, aber der schwarze Läufer war, zusammen mit einem anderen Läufer, auf und davon.
Der letzte Kilometer brach an, ein Blick auf die Uhr signalisierte mir, dass es jetzt sogar mit der 39er-Zeit eng werden würde.
Richtig eng!
Es ging wieder der Brotstraße entgegen und leicht bergab auf den Hauptmarkt zu.
Vor mir sah ich „Olli“ zwar noch, aber erreichen würde ich ihn trotz respektablen Entspurtes im 3:10min/km-Bereich nicht mehr.
Im Gegenteil: Hinter mir ebbte das Klatschen nicht mehr an, sondern hielt an:
Klares Zeichen dafür, dass mir mindestens ein weiterer Läufer im Genick saß!

Mit wirklich den letzten Reserven prügelte ich mich in diesem doch recht hohen Tempo (immerhin 19km/h) über die Ziellinie.
Ich stoppte meine Uhr bei 39:59min.
Puhhh… das war knapp!
Dass mir jemand die Finisher-Medallie umhängte nahm ich kaum wahr.
Die offizielle Zeit beträgt leider ’nur‘ 40:00min, Platz 39 in der Gesamtwertung, sowie Platz 7 in meiner Klasse M30.
Ganz ehrlich, das ist nicht wirklich das Ergebnis, welches ich zu Beginn des Dummschwitzers ausgerufen hatte.
Immerhin wollte ich einen ernsthaften Angriff auf die 37-Minuten starten.
Also eine Niederlage?
Ja und Nein.
„Ja“, weil ich in Trier natürlich mindestens 2 Minuten langsamer war, als ich mir vorgenommen hatte.
„Nein“, da mein Hauptziel, die „Sub-40“ ja bereits am 13.März abgelieferte.
Und trotz allem war ich ja übermüdet und leicht angekatert immerhin noch 4:47min schneller, als vor genau einem Jahr.
Läufer können sich halt auch eine Niederlage richtig schön reden, haha!
Dann stand er vor mir: Der Läufer in schwarz.
Zum ersten Mal sah ich sein Gesicht.
Er erblickte mich ebenfalls.
„Sehr schön gelaufen!“, gratulierte ich ihm und gab offen zu: „Ohne dich hätte ich es nicht so schnell geschafft.“
„Ah, aber du hast am Anfang auch gut Tempo gemacht. Da konnte ich mich zum Glück gut an dich anhängen. Hast mich auch gut durchgezogen.“, bedankte er sich ebenfalls.
Wir nickten uns zu und schon erblickte ich das nächste bekannte Gesicht: Meinen Laufschuh-Verkäufer vom Citysport.
„Boah, Glückwunsch. Klasse gelaufen, ich hab dich noch losspurten sehen, aber bin echt nicht mehr rangekommen“, begrüßte er mich.
Wir schlugen ein, umarmten uns. „Du hast aber auch gut Druck gemacht, ich hab die Posten hinter mir immer mehr klatschen hören“.
Jetzt mit etwas Erfahrung muss ich zugeben: Trier hat im Vergleich zum Bayerkreuz-Rundkurs, oder dem Neusser Sommernachtslauf vielleicht nicht die schnellste Strecke in meinem Laufkalender.
Aber vom Ambiente ist es mit Sicherheit eine der Schönsten!
In all dem Getümmel erspähte ich dann tatsächlich auch die Familie jener Freundin, die letztes Jahr noch mitgestartet war.
Der Vater war dieses Jahr ebenfalls wieder mit von der Partie und konnte seine Bestzeit ebenfalls um gute 5 Mnuten verbessern.
Um 12 Uhr war ich es dann der am Streckenrand jubelte:
Abbs Tochter startete beim Bambini-Lauf und zusammen spurteten Mutter, Matthias und ich am Streckenrand mit, um Start und Ziel erleben zu können.
Danach gab es noch lecker Nudeln und ein paar lustige Gespräche:
Ein rundum gelunger Tag!
Naja fast, denn bedingt durch Staus und stockenden Verkehr auf der Rückfahrt konnte ich leider erst pünktlich zur 2, Halbzeit unsere Fussball-Mädels anfeuern.
Das war sie nun also, die offizielle Dummschwitzer-Zeit.
Was haben wir nicht zusammen gelacht, geschwitzt und geackert?!
Und genau deshalb wird es hier und jetzt nicht enden!
Ganz im Gegenteil: Ab 1.7.2011 geht es mit neuem Schwung weiter.
Lasst euch überraschen!
Ein letztes Mal grüßt,
Euer Dummschwitzer


