Freitag, 9. März 2012
Projekt XX: StrongmanRun 2012
Tag: 156 / 92. Trainingstag: Schwimmen (Technik-Einheit)
Wetter: 10°C, sonnig
Dass der heutige Tag ein Tag der eher interessanteren Begegnungen sein würde, war mir durchaus klar, schließlich würde ich heute nicht nur zum Orthopäden gehen, sondern auch und vor allem: Mit Bruderherz nach Neudwied zu Poison-Bikes fahren.
Dass ich aber die interessantesten Begegnungen ausgerechnet woanders machen würde… das ahnte ich morgens noch nicht.
Der Arzttermin war für 9:15 Uhr angesetzt.
Die Praxis war, wie schon beim letzten Male, nicht so sehr überlaufen wie ich es von früheren Behandlungen in Erinnerung hatte, aber ein wenig Wartezeit musste ich eben doch in Kauf nehmen.
Die Nachuntersuchung verlief wie erwartet reibungslos.
Bis ich erwähnte, dass ich in der Zwischenzeit nicht nur bei Rund ums Bayerkreuz an den Start gegangen bin, sondern auch noch einen Test-Triahtlon absolviert hatte.
Voller Begeisterung erzählte mir der Doc sofort von seiner Tochter, 15 Jahre lang Leistungsschwimmerin, danach ambitionierte Triathletin bis hoch zur Langdistanz.
In Anwesenheit der drei jungen noch wie immer hochgradig bezaubernden Arzthelferinnen fachsimpelten Doc und ich noch eine gute Viertelstunde über Schwimmtechniken und (da die Urlaubsbilder gerade über den iMac flimmerten und ich von meiner geplanten Neuanschaffung schwärmte) auch über günstige Rucksack-Rennrad-Urlaube in Richtung Gibraltar.
Vom Doc ging es dann über die Einkaufsgalerie ins Schwimmbad.
Es war mal wieder höchste Zeit für eine kleine Technik-Einheit.
Gegen 11 Uhr ließ ich mich zu Wasser.
In der Schnellschwimmerbahn tummelten sich zu dieser Zeit nur ein älterer Herr, der rückenschwimmend beinahe die gesamte Bahn in Anspruch nahm und ein noch älterer Herr, der immerzu zwei Bahnen schwamm und dann einige Minuten ausruhte.
Es dauerte ein paar Hundert Meter, bis ich endlich einen runden Rythmus gefunden hatte.
Schließlich verließ der rückenschwimmende Herr das Becken und wenig später stieß eine junge und technisch nahezu perfekte Kraulschwimmerin zu uns.
Nach etwa einer halben Stunde zog ich mich für eine kleine Pause aus dem Becken und setzte mich auf den Rand, die Beine im Wasser.
Der noch ältere Herr kraulte gemächlich auf mich zu und pausierte ebenfalls.
„Nach zwei Herzoperationen geht es nicht mehr ganz so gut. Aber ein bisschen fit halten muss man sich ja schließlich.“, lachte er mich an und noch ehe ich irgend etwas gescheites erwidern konnte, stieß er sich zu einer weiteren Bahn ab.
Das war schon ein sehr gegensätzliches Bild: Gerade und eleganz kraulte die junge Frau auch mich zu und auf der selben Bahn kraulte dieser, geschätzt dreimal so alte, Mann weg.
Nach einigen Minuten war er wieder bei mir.
„Aber das geht doch noch sehr gut, finde ich.“, setzte ich unseren begonnen Smaltalk fort.
„Ach… ja… Ich bin jetzt 76 Jahre alt…“, wieder suchte ich nach Worten, aber der Mann setzte das Gespräch auch so fort, „aber der Marathon hat mir das Leben gerettet.“, beendete er den Satz.
„Marathon“, nickte ich anerkennend, „so weit bin ich leider noch nicht.“
„Neun Stück bin ich gelaufen … und mehrere Triathlon.“, beeindruckte mich der Mann weiter.
In unserem weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass dieser lebenserfahrene Mann unter anderem bei dem ersten, offizielen Triathlon, 1985 in Koblenz, an den Start gegangen ist.
„Da sind wir in die Mosel gesprungen, einige haben sich auch noch echauffiert, die Mosel wäre so dreckig… die sind scheinbar noch nie im Rhein geschwommen… Dann ging es mit dem Rad ein ganzes Stück weiter den Fluss rauf und einen Teil wieder zurück. Das Ziel war dann am deutschen Eck… und das hat über uns gewittert und geblitzt.“
So pendelte das Gespräch zwischen uns hin und her, als er hörte, dass ich gerade für meinen ersten Triathlon trainiere, war er sichtlich begeistert.
Wir plauderten über diverse Wettkämpfe wie z.B. der Sengbachrunde, die er damals zum Training täglich einmal ablief und am Wochenende gleich zweimal und meine derzeitige Lieblingsrunde vom Sportpark über Reuschenberg zur Fähre und auf kölner Seite wieder zurück.
Er nickte anerkennend und schwamm abermals ein paar Bahnen.
Ich gab ihm einen kleinen Vorprung, damit ich beim Überholen nicht die junge Frau störte, welche noch immer unbeirrt ihre flotten Runden drehte.
Schließlich hatte ich nach gut 35m den alten Mann direkt vor mir und nachdem die junge Schwimmerin uns im Gegenverkehr passierte, scherte ich aus um ihn zu überholen. Da kam mir plötzlich ein dunkler Schatten entgegen.
Wer oder was ist das?!
Wir sind doch die ganze Zeit nur zu dritt auf der Bahn gewesen.
Hastig scherte ich wieder ein. Gar nicht so einfach, da ich bereits neben dem alten Mann war. Kurz wurde es sehr eng auf der Bahn, als wir drei alle auf einer Höhe waren.
Der dunkle Schatten besaß das Gesicht und die langen Arme einer Frau, soviel konnte ich in all der Hektik noch erkennen.
Zügig, nein, sehr zügig zog sie an uns vorbei.
Aber irgendwie passten ihre Körperproportionen nicht.
Für eine erwachsene Frau war sie deutlich zu klein.
Für eine jüngere Frau, oder ein Mädchen waren die Arme viel zu lang und das Gesicht eigentlich zu alt….
Kurz nach meinem Gesprächspartner erreichte ich den Beckenrand.
Beide hielten wir inne.
Vor dem Sprungbock unserer Bahn lag ein kleines Rollbrett – und ich begann zu verstehen.
„Tut mir leid, dass ich dich gestört habe“, hörte ich die Stimme des Mannes.
„Hast du nicht, ich habe die Frau nur gar nicht bemerkt, sonst hätte ich dich nicht überholt.“, entgegne ich während ich mich auf der Bahn umschaue.
Tatsächlich: Jetzt sind hier zwei Frauen unterwegs. Die neu hinzugestossene sogar noch einen Tacken schneller, als die junge Schwimmerin.
„Das ist so fantastisch, wie die schwimmt. Ohne Beine.“, redet mein Gegenüber weiter und schaut ebenfalls fasziniert über das Becken.
Ich habe tatsächlich noch nie jemanden so sauber und ’schön‘ schwimmen sehen.
„Es wird Zeit für mich. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag.“, werde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Ja danke, wünsche ich dir auch“, kann ich noch antworten, dann schwimmt er schon los.
Ich tue es ihm gleich.
Was für ein seltsames Bild wir Vier in unserer Schwimmbahn doch abgeben.
Nach gut einer Stunde muss ich dann leider auch los.
Es ist kurz nach 12 Uhr – höchste Zeit fürs Frühstück und dann gehts auch nach Köln und Neuwied.
Dort angekommen schwelge ich direkt im siebten aller Himmel:
Fahrräder so weit das Auge reicht.
Eine ganze Wand des Showrooms ist für Rennräder reserviert und während wir beiden uns staunend umschauen, tritt der Mitarbeiter auf uns zu.
„Kann ich behilflich sein?“
„Ja das hoffe ich doch. Ich möchte mir ein Boran T 2012 zusammen stellen und auf meine Körpermaße anpassen konfigurieren.“
Im Verlauf des Beratungsgespräches dämmerte mir, dass vom mein Berater vom Radfahr-Part eines Triathlon doch erheblich mehr Ahnung hat, als ich. Dankbar nahm ich somit jeden Tipp und jeden Hinweis in Sachen Körperhaltung, Rahmengeometrie und Wechselarten vom Schwimmen aufs Rad dankbar an.
Nach den grundsätzlichen Fragen zu den angestrebten Triathlon-Distanzen und dergleichen, wurde ich kurz ausgemessen und der Kollege schraubte eifrig an zwei Bikes herum, um sie auf mich zu konfigurieren.
Denn ich steckte leider genau zwischen zwei Rahmengrößen. Der Fachmann tendierte eher zum kleineren Rahmen, was mehr Spielraum für Einstellungen lassen würde. Aber zur Sicherheit wollte er sich das mal „live“ anschauen.
Wenig später fand ich mich vor dem Geschäft auf der Straße wieder, unter mir ein 5000,- Bike.
„Fahr mal ein wenig rum, kannst auch da hinten die Straße lang.“
Verdutzt und sehr behutsam radelte ich also vor dem Verkäufer und meinem Bruder die Straße auf und ab.
„Fahr mal noch ein wenig und teste die Lenkerposition aus. Ich stelle dir noch schnell was anderes zusammen. Zum Vergleichen.“
Damit verschwand er im Laden.
Und ließ Bruderherz und mich mit diesem Deluxe-Bike, welches dank hochwertigster Ausstattung nebenbei erwähnt fast doppelt so viel kostet wie mein angestrebtes Bike, alleine.
Die Aeroposition ist eine ungewohntere Sache, als ich gedacht hätte.
Und mir wurde auch sehr schnell klar, warum der Einsatzbereich solch eines Rades recht eingeschränkt ist: Als Schutz bleibt in Notsituationen fast auschließlich das Ausweichen – und das auch noch in größeren Kurvenradien.
Denn die Bremsen befinden sich elendig weit weg am Hauptgriff. Bis man die erreicht hat, vergeht schon eine kleine Weile.
Und damit nicht genug, denn dann hat man eine Hand vorne am Aero und eine unten am Hauptlenker zum Bremsen.
Das Rad ist also in der höchsten Not auch noch am instabilsten…
Na da ist für mich ja schon klar, dass ich den Aero tatsächlich nur auf den Dämmen und weit einsichtigen Straßen benutzen werde!
Das zweite Testbike war übrigens noch eine Spur geiler – und flotter.
Mit den gesammelten Erkenntnissen schnürte mir der Fachmann dann mein Boran-Paket zusammen. Wir kamen übrigens auf haargenauen Preis, wie ich ihn mir vorab ausgerechnet hatte.
Mit der ausgedruckten Konfiguration verließen Bruderherz und ich nach weit über einer Stunde schließlich den Showroom.
Ende März würde ich alles Geld beisammen haben.
Wenn nichts unerwartetes dazwischen käme, würde ich also spätestens Mitte April stolzer Besitzer einer verdammt schnellen Zeitfahrrades sein!
Natürlich haben wir auch gefilmt und ein paar Bilder geschossen.






Wenn ihr ein gutes Rad sucht, kann ich euch Poison-Bikes wirklich wärmstens ans Herz legen!
Tagesbilanz: Schwimmen (2,7km - 52min)
Begegnungen: Hätten unterschiedlich nicht sein können!
Erkenntnis des Tages:
Gegensätzlicher hätten die Begegnungen heute nicht sein können.


