Karfreitag

Montag, 2. April 2012 bis Sonntag, 8. April 2012

Projekt XX: StrongmanRun 2012

Tag: 181 - 187 / Trainingstag: 110 - 114
Wetter: keine Angabe

Anmerkung: Dieser Eintrag wurde am 29. Juni nachträglich verfasst

Nach den erholsamen Tagen in Trier gibt es in den verbleibenden Wochen eigentlich nur noch eines zu tun: Tempo, Tempo, Tempo!

Montags startete ich daher zu einem moderaten Tempolauf (9,66km – 43:55min), damit ich dienstags noch genug Körner für die ersten, ernsthaften 400m-Intervalle in Petto hatte.

Es gelten die altbekannten Regeln:
Zuerst einige Kilometer ganz gemütlich warmlaufen, danach wirds schmerzhaft.
Je 5mal 400m Vollgas gefolgt von 400m Pause im lockeren Trab.
Dabei sollten alle schnellen 400m Zeiten möglichst dicht beieinander liegen.
Laufen wollte ich diese Einheit nicht wie gewohnt auf der 400m Bahnanlage, sondern in den windigen Rheinauen.
Nach Monaten voller Kraft- und Ausdauertraining tat diese Schnellkraft-Einheit besonders weh.
Dennoch konnte ich am Ende sogar noch einen 6. Durchgang anhängen.
Die Zeiten waren zwar nicht so hammerhart, aber trotzdem noch eine gute Ausgangsbasis, um in der Saison 2012 wieder vorne mitmischen zu können:


1) 78,34 sek
2) 78,32 sek
3) 80,72 sek
4) 76,88 sek
5) 77,51 sek
6) 75,84 sek

Mittwoch ging es zum Rumpftraining wieder ins Studio, die Beine hatten also einen Ruhetag und Donnerstag legte ich einen kompletten Ruhetag ein.

Dann kam der Freitag.
Karfreitag.
Einer meiner „Geburtstage“
Karfreitag vor 23 Jahren (ganz genau am 24.03.1989) schrammte ich nach einem heftigen Rennradunfall zum ersten Mal nur knapp am Tod vorbei.
… Tod…
Im Alltag verdrängen wir ihn, die Meisten von uns begegnen ihm auch (zum Glück?) nur sehr, sehr selten.
Leider (oder zum Glück?) habe ich einige solcher prägnanter Daten; Tage an denen es mich „fast erwischt“ hätte.
Tage, die mich zum Nachdenken anhalten.
Ich bin mir meiner Sterblichkeit sehr wohl bewusst.
Jemand, der nur mit einem Helm und einer 1mm Stoffschicht als Schutz auf einem Rennrad mit 50 km/h und mehr zwischen LKWs auf Landstraßen umher saust, sollte sich dessen wahrscheinlich auch sehr wohl bewusst sein.
Und dennoch erwischen mich diese Tage dann doch wieder eiskalt.

In mir arbeitete es, wie einst im September / Oktober 2010, als mir gleich zwei geliebte Menschen genommen wurden…

Erna, die beste Großmutter, die sich ein Enkel vorstellen konnte und Yasmin… meine geliebte Yasmin…

Heute würde ich laufen.
Laufen wollen.
Laufen müssen.
Das Wetter war herrlich, sonnig, frühlingshaft.
Ganz in schwarz lief ich los.
Keine Ahnung wohin, egal wie lange.
Entlang des Rheines ging es erstmal gen Süden, Richtung Monheim, dann über einen Schlenker zurück zur Wupper und in die Rheindorfer Felder hinein, an den Bahngleisen entlang dem Reuschenberg entgegen. An der nächsten Gabelung würde ich mich entscheiden müssen:
Rechts zum Mühlbachdamm?
Oder Links in den Wald… zum Friedhof?
Inmitten dieser lebendigen Natur kam ich mir mit meinen Gedanken und Erinnerungen beinahe wie ein Fremdkörper vor, die Wege um den Friedhof herum würden von Spaziergängern gespickt sein; Ich bog rechts ab, entlang des Mühlbachdammes.
An dessen Ende bog ich abermals rechts ab, wieder den Rheindorfer Feldern entgegen, abermals entlang der Gleise, abermals bis an jene Kreuzung.
Diesmal traute ich mich nach Links.
Tauchte ein in den erblühenden Wald, versank in grünem Leben.
Eine Runde sind ziemlich genau 2,5km… wieviele Runden ich lief zählte ich nicht, ich war voll im Hier, Ganz im Jetzt – und doch in einer ganz anderen Welt.
Nennt es Sauerstoffmangel, Einbildung oder was-weiß-ich, aber ich war in diese, Moment nicht mehr alleine unterwegs. Etwas… jemand… trieb mich voran, gab mir Kraft.
Später am PC stellte ich fest, dass es 5 Runden waren. 12,5 hügelige Kilometer.

Irgendwann bemerkte ich dann aber leider doch ein latentes Durstgefühl: Heute hatte ich bis auf einen Frühstückstee noch nichts gegessen, oder getrunken.
So langsam musste ich wohl oder übel doch an den Heimweg denken. Also wieder Richtung Mühlbachdamm?
Nein.
Zum nunmehr dritten Mal bog ich in die Felderlandschaft ein, diesmal in umgekehrter Richtung, also erst an den Gleisen entlang. Eine Familie beendete gerade eine Pause und setzte sich auf ihre Räder, 2 Erwachsene, 3 Kinder.
Die Kleinen hatten ihren Spaß daran mein Tempo zu halten, versuchten mich zu überholen und vor mir zu bleiben.
Die Eltern fuhren hinter uns her, ihre Sprößlinge stehts ermahnend und sich mehrmals bei mir entschuldigend, was ich aber jedes Mal mit einem Lächeln abtat und mich wieder vor die Kleinen setzte, mich zurück fallen lies und wieder von vorne.
So ging es tatsächlich die ganze Strecke bis zur Pontonbrücke, wo die Familie links abbog, ich jedoch nochmal die kleine Schleife gen Hitdorf einschlug und danach ebenfalls das letzte Stückchen Weg nach Wiesdorf unter die Füße nahm.
Heute hätte ich endlos laufen können, aber nun wurden auch die Beine merklich schwerer.
Meine Energiespeicher waren wahrscheinlich schon seit langem leer, trotzdem lief ich locker weiter.
An der Minigolfanlage dann machte ich Rast.
Ein Fehler.
Kaum saß ich auf den warmen Steinen, klebte meine Zunge am Gaumen fest, wurden meine Waden bretthart und steif, schmerzte mein Rücken wie von Sinnen.
Ein Blick auf die GPS-Uhr ließ mich erschaudern.

Ich kramte meine Kamera heraus und machte ein paar Aufnahmen von mir und den Daten der Uhr.
Danach raffte ich mich auf und joggte mit betonharten Beinen mehr recht als schlecht die letzten 1000m bis nach Hause.

Dieser Lauf, dieser Tag, wird mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben.

Tagesbilanz: 34,67km - 2:45:39h - 4:46min/km

Begegnungen: Mir selbst


Wochenbilanz
Trainingswoche: 26

Laufeinheiten: 3
Distanz: 53,76km
Zeit: 5:12h
Pace: 4:41min/km

Gewicht: 80,4kg
Weitere Trainingseinheiten: 3
1 Schwimmen (2500m - 50min)
2 Krafttraining

Erkenntnis:

Schwer zu beschreiben

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