Woche 1, Tag 1: Ziel verfehlt?

Wer ist eigentlich dieser Intervall – und warum hat er es immer so eilig?

11. Januar, 2011

Das war also die erste Trainingseinheit… es war… ähm… was Neues!
Bisher bin ich halt einfach immer gelaufen, so wie ich mich fühlte und gut war. Auf die GPS-Uhr blickte ich alle 4, 5 Kilometer mal, damit ich ungefähr wusste, wann ich den Rückweg antreten sollte.
Ab jetzt ist das anders.
Ab jetzt laufe ich nach einem strukturierten Plan.

Und auf diesem Plan, der als erstes Zwischenergebnis eine 10km-Zielzeit von 44min hat, stand heute folgendes:

3x 1000m Intervalle in je 4:20min, dazwischen 400m Trabpausen

Intervalle also.
Ausgerechnet.
Nach allem was man so in Foren liest, ist das die Königsklasse der schmerzhaftesten und anstrengensten Trainingsläufen.
Das muss richtig brennen!

So vorgewarnt habe ich mich dann heute direkt nach der Arbeit gemütlich in Richtung Sportpark warmgelaufen, den Kopf leicht eingezogen (in böser Erwartung auf das Kommende), den Blick ungewohnt oft auf die Pace-Zeit der GPS-Uhr gerichtet.
Und ich musste feststellen, dass mein „So kann ich unendlich lange laufen“-Wohlfühltempo schonmal bei 5:25min/km liegt. Kam mir eigentlich vom Gefühl her schneller vor.
Na das fängt ja gut an, von wegen Geschwindigkeitsgefühl und so.
Ich bin aber auch komplett ohne Musik unterwegs. Das mache ich eigentlich nur bei Rennen.
Also musste ich den Intervall erheblich schneller als das Wohlfühltempo ansetzen.
Aber eben auch nicht zu schnell, da der letzte Intervall ungefähr so schnell, wie der Erste gelaufen werden soll… Das ist in der Tat nicht leicht einzuschätzen.

Nach 3km stoppte ich die GPS-Uhr, damit ich einen runden 1000er als Ausgangspunkt hatte und wenig später erreichte ich den Dhünndamm: Ein fast schnurgerades, nur minimal gekurvtes Stück Asphalt breitete sich vor mir aus.
Hier also wird es geschehen!
High Noon.
Den Finger auf dem „Start-Stop“-Button stürmte ich los.

Mein erster Intervall hatte begonnen!

Junge, junge. Was für ein Tempo.
Das ist definitiv flott.
Da ist der erste Intervall ja schon gleich vorbei!
Aber so ein Kilometer ist lang.
Ziemlich lang sogar.
Bei solch hohem Tempo könnte man auch den Begriff „unangenehm lang“ benutzen.
Ich flitzte weiter.
Jetzt musste doch diese Uhr endlich das Ende der 1000m mit einem Piepston verkünden!
Jetzt!
Oder jetzt..?
Ich flog unter der B8-Unterführung hindurch, die Uhr piepste, aber das war nicht das „Ok, Pause“-Piepsen, sondern das „Satellit verloren“-Piepsen.
Wenige Sekunden später war ich wieder im Freien und das „Satellit gefunden“-Piepsen ertönte prompt.
Ok, aber jetzt musste der erste Intervall doch eeeendlich vorbei sein!?
Gott bitte, jetzt!
Unter der Eisenbahn-Unterführung wiederholte sich das Gepiepse von wegen Satelit verloren und gefunden…
…und dann eeeendlich: 1000 Meter absolviert.
Sofort drückte ich auf Stop, ging in einen echten 7:00min/km-Trab über und schaute auf die Pace…
Nein, das… das kann nicht stimmen!
Die beiden Brücken müssen das verfälscht haben!
So trabte ich wie Fienchen, die Rennschnecke die 400m ab.
Mittlerweile befand ich mich im Sportpark und der Puls war ebenfalls wieder im grünen Bereich.
Gut… also der zweite Intervall.
Das ist ja echt sadistisch!
Jetzt weiß ich was mich erwartet.
Und ganz ehrlich: Spaß ist anders
Und es zwingt mich ja auch niemand.
Warum drehe ich nicht einfach um und laufe nen gemütlichen Halbmarathon?
Langstrecke, statt Sprinter.
Ist doch auch super.
Außerdem heißt es ja immer: „Tempo tötet.“
Nix da.
Ich gebe doch jetzt nicht auf?!
Nicht nach dem ersten Drittel des ersten Tages, der ersten Woche!
Abermals huscht mein Finger auf den Start-Knopf und abermals hechte ich voran.
Da die erste Intervallzeit ja scheinbar völlig verfälscht ist, gebe ich wieder alles. Danach wird sich ja zeigen, was ist. Hier gibts keine Brücken mehr, nur ein paar Bäume aber das macht dem Garmin nichts aus!
Vor mir taucht eine Gruppe junger Läuferinnen auf.
Ja super… die machen scheinbar einen gemütlichen Lauf, unterhalten sich dabei angeregt und normaler Weise würde ich mich da gerne einklinken. Zumindest würde ich sie aber nicht so überholen, wie es gleich geschehen wird, nämlich in gefühlt dreifachem Tempo und ohne ein Wort des Grußes.
Die Luft fordern meine Beine nämlich gerade vehement ein!
Mit einem Sprung wechsel ich auf den Radweg, presche an der Gruppe Frauen vorbei, und wechsle wieder auf den Fussgängerweg.
Na klasse. Mal wieder unabsichtlich das Bild des Macho-Läufers, der sich vor den Frauen als stahlhart und ‚volkommenl Alphatier‘ erweisen muss, geprägt.
Sozusagen: „Ich bin Läufer, ich hab auch im Kopf Muskeln!“
Und zu allem Überfluss beendete der blöde Garmin auch recht bald nach dem Überholen diesen zweiten Intervall.
Ja super!
Jetzt wäre ich gerne noch ein Stück weiter geflitzt.
Wenigstens außer Sichtweite.
Wie peinlich ist denn die vorgeschriebene Trabpause ausgerechnet jetzt?
200m nach solch einem RoadRunner-Überholmanöver?
Das sieht doch jetzt aus, also ob ich total fertig mit…
Wie zur Bestätigung ertönt von hinten eine sehr höhnische „La Ola“.
Gut, Plan B: Die 400m Traben lege ich schneller als geplant zurück. Dann eine elegante Wendung und direkt wieder auf den nächsten Intervall.
Dann wissen die Mädels hoffentlich auch, was hier geschossen wird – und dass ich eben kein testosteronstrotzender-Obermacho bin.
Wie war eigentlich die Pace?
Ach Wurscht. Feuer frei!
Wieder beschleunge ich, diesmal angetrieben von dem Gedanken, es den Mädels da jetzt aber mal sowas von zu zeigen.
Hmm… ein wenig Macho steckt also doch in mir?
Fühlt sich gut an!
Mit „Blick in die Ferne“ schieße ich abermals wortlos, aber laut schnaubend an der Truppe vorbei.
Bloß nicht beachten, die… hmm die da sieht aber gu…
*zwuusch* und vorbei bin ich.
Wenn schon peinlich, dann mit Anlauf!
Im wahrsten Sinne des Wortes.
Nach quälend langer Strecke erst werden meine brennenden Waden vom Piepsen der Uhr erlöst.
Ein Blick auf die Anzeige… ähm… dann war die erste Pace scheinbar doch nicht so verfälscht?
Gemütlich trabte ich die 3km zurück nach Hause, dehnte mich ordentlich durch und duschte kurz, bevor ich direkt wieder aufbrach.
Zum Mc Café. Kakao mit einer Freundin schlürfen.
Das hatte ich mir auch mehr als verdient, bei diesen Zeiten:

Intervall 1: 2 Minuten, 59 Sekunden
Intervall 2: 3 Minuten, 29 Sekunden
Intervall 3: 3 Minuten, 20 Sekunden

Bleibt die Frage offen, ob das jetzt gut ist die Sollzeit um jeweils 60 Sekunden zu unterbieten, oder ob es nicht eher „Lernziel verfehlt. Setzen, Sechs.“ heißt?
Intervalle sollen ja auch nicht zu hart gelaufen werden. Nächsten Dienstag laufe ich die Intervall ebenfalls mit Pulsgurt (das mache ich bisher nur bei Long Runs), dann sehe ich ja in welchem Drehzahlbereich ich bin.

In diesem Sinne,
Mittwoch sind wir schlauer!

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