17 und 4

Dummschwitzer vs Staatsgewalt

Mittwoch, 2. Juni 2011 – Vatertag

Bereits Montag hatte ich nochmal eine kurze Unterredung mit Trainer Marc.
Nach jeder Übung soll ich ja die subjektive Belastung laut RPE-Skala eintragen.
Die reicht von 7 bis 18, wobei 7 „sehr, sehr leicht“, 9 „sehr leicht“ und 13 „etwas anstrengend“ ist.
15 entspricht „sehr anstrengend“ und 18 wäre „extremst anstrengend“.
Der normale Mensch trainiert im Bereich 12 bis 15.
Dummschwitzer, die vollmundig verkünden, dass sie andere in Grund und Boden laufen wollen, bekommen ein Training von 14,5 bis 16,75 aufgebrummt.
Mein Problem war nun aber, dass ich mehr und mehr 14er auf dem Plan hatte und als Gegenmaßnahme teils die Gewichte erhöhte, teils die Durchgänge von 3 auf 4 erhöhte.
Dadurch pendelte ich mich wieder im hohen 15er-Bereich ein.
Trainer Marc dazu: „Du kannst dir so viele Gewichte draufknallen, wie du magst. Sofern du die Übungen noch sicher und technisch einwandfrei ausführen kannst. Ich bin ohnehin ein Freund von 4 statt 3 Sätzen.“
Mein Einwand, dass er mir beim Check-In aber 3 Sätze aufgetischt hatte tat er lachend ab:
„Wenn ich jedem Anfänger direkt 4 Durchgänge aufbrumme, kommt nach dem Check-In keiner mehr wieder!“
„Ich schon.“, entgegnete ich.
„DU… bist ja auch nicht normal“, lachte Marc mich an.
Alles klar, dann sind wir uns ja einig: Vier gewinnt!

Heute ist Vatertag.
Eine gute Gelegenheit für mich unter der Woche eine Vormittags-Einheit zwischenzuschieben, da das Samstagstraining ohnehin durch das 10km-Rennen in Dormagen ausgehebelt wird.
Für Freitag war dafür ebenfalls trainingsfrei angesagt.
Durch diesen zusätzlichen Regenerationstag stand mein Entschluss fest:
Heute erhöhe ich auf je 4 Sätze und werde die 17 der RPE knacken!

Die Herrenumkleide war zwar ziemlich voll, aber die Kollegen waren bereits alle auf dem Heimweg.
Beim Warmradeln fiel mir schon ein recht hoher Frauenanteil in der näheren Umgebung auf.
Neben mir waren an Männern nur noch anwesend: Die beiden Väter mittleren Alters, wie immer in Begleitung der pupertären Töchter, sowie der junge Polizei-Anwärter und die beiden testosteron-strotzenden, freiwilligen Feuerwehrler. Letztere gingen grüßend an mir vorbei in Richtung Umkleiden.
Also stand es 4 zu… mehr, für die Frauen.
Damit aber nicht genug, denn als ich gerade das Warm-Up beendete, flutete eine mehrköpfige und durchweg weibliche Aerobic-, Zumba-, oder What-So-Ever- Gruppe den Saal.

Das kann ja nicht lange gut gehen: Denn bei dem Versuch Personin A nicht in den Ausschnitt zu schauen, landet der Blick zwangsweise auf einem delikaten Körperteil von Personin B, C, D oder E…
Schier unendlich ist die östrogene Übermacht.
Zum Glück gehöre ich zu der aussterbenden Gattung der Gentlemen, räumte fluchtartig den Warm-Up-Bereich und verkrümelte mich in den hinteren Bereich zu den Gewichts-Geräten.

Spätestens nach dem 3. Satz verging mir dann auch direkt wieder die Lust an weiblichen Formen.
Gewichte stemmen wirkt also genau so wie „kalt Duschen“, oder „Holz hacken“… das müsste man mal auf Umkehrschlüssigkeit untersuchen.
Evtl kann ich mich ja einfach solange in die Duschkabine packen, bis ich auf 10km die 35min-Grenze knacke?
Wohl kaum.
Mit diesen und ähnlich stumpfsinnigen Gedanken absolvierte ich die ersten 3 Stationen.
Beim „Rudern“ kam dann der Polizei-Anwärter in diesen Teil des Studios, gefolgt von einer hochgratig apparten Dunkelhaarigen, die mich auch direkt mal anlächelte.
Vor Schreck kugelte ich mir beinahe die Schultern aus.
Nene, die kann unmöglich mich gemeint haben.
Weiter ging es für mich auf den Butterfly. Die Dunkelhaarige spannte sich derweil schräg gegenüber in ein horizontal ausgerichtetes Foltergerät ein, welches scheinbar die Po-Muskeln trainiert.
Uhh… Badonkadonk!
(schlagt das Wort einfach selbst nach)
Im Hintergrund erschein eine weitere Gestalt.
Ein Mann von nicht genau schätzbaren Alters. So Mitte 40 mag er wohl gewesen sein, undefinierbare Frisur, extrem schmale Schultern, optisch also irgendwo zwischen Mr.Bean und dem Radiomoderator Kai Karsten angesiedelt.
Inklusive Brille.
Während ich also beim Butterfly feststellen musste, dass der Polizei-Hansel vor mir 3 Gewichte mehr als ich aufgelegt hatte, richtete Mr.Bean sein Handtuch auf dem Sitz des Rückentrainers aus.
Und richtete es aus.
Und richtete es aus.
Die Brünette streckte uns noch immer ihren knackigen Hintern entgegen, was auch Mr.Bean wohlwollend zur Kenntnis nahm, als er sich auf das Handtuch setzte.
Dabei schien es wohl verrutscht zu sein.
Die Brünette war mit dieser Traingsstation fertig und verschwand in Richtung ‚Beinstrecker‘.
Mr. Bean erhob sich äußerst vorsichtig von seinem Stuhl und richtete nochmal das Handtuch aus.
Mit Ach und Krach beendete ich den 4. Satz auf dem ‚Butterfly‘ und passgenau jetzt verließ der Polizei-Anwärter den ‚Beinbeuger‘.
Der war nämlich sowieso meine nächste Station.
So nahm ich direkt gegenüber der brünetten Schönheit Platz – welche sich auch direkt wieder erhob und ein anderes Trainingsgerät ansteuerte.
Ha!
Wusste ich es doch: Sie hatte vorhin nicht mich angelächelt!
Innerlich zurfrieden ob meiner Menschenkenntnis, stellte ich mir den Beinbeuger ein.
Das gibts doch nicht. Der Polizeioberwachtmeister hatte auch hier mehr Gewichte als ich gedrückt!
Schräg gegenüber hatte es Mr.Bean scheinbar endlich geschafft sein Handtuch milimeter genau an seine Bedürfnisse anzupassen – jedenfalls hatte er darauf Platz genommen und stellte sich am verriegelten Gerät die Gewichte ein.
Sein mehr als zierlicher Körper wirkte dabei breits jetzt so über die Maßen deplatziert und überfordert, dass ich tatsächlich befürchtete, dass wenn er gleich den Riegel umlegt das Gerät wie eine Mausfalle umschlägt und ihn mittig um 90° umfaltet.
Mr.Bean betätigte den Hebel – und es geschah nichts.
Verträumt grinsend, als hätte er mit allem nichts zu schaffen, begann er mit seinen Übungen und auch ich quälte mich mittlerweile im dritten Satz.
Wo eben noch kurzzeitig der liebreizende Gluteus Maximus (googlen!) gesessen hatte, nahm nun Mireille Mathieu Platz.
Leider nicht die zeitgenössische Ausgabe, sondern eher die akutelle Version.
Ich musste mich ohnehin beeilen, denn im Stillen hatte ich einen teuflischen Plan ausgeheckt:
Mister Polizeihauptkommissar in Spe hatte eben bei der ‚Beinpresse‘ angestanden, aber – ha ha -die brünette „Miss Podex 2011“ war ihm zuvor gekommen, also ist er auf ein anderes Gerät ausgewichen.
Meine Chance zur Revance!
Sobald Lady Achtersteven ihre Übungen beendete hatte, flogen zwei Handtücher gen ‚Beinpresse‘:
Meines und das des zukünftigen Polizeirates.
Er verfehlte sein Ziel.
Tja, Jüngelchen. 2 Jahre Bogenschießen und 5 Jahre Fechten Leistungskader.
Da kannste dir nen Scheibchen von abschneiden.
Der erste Teil meines Planes war geglückt.
Ich stellte mir die gewohnten 101kg ein und quälte mich durch die 4 Sätze unter den Argusaugen des Polizieoberrates.
Definitv eine 17 auf der RPE!
Beim Räumen der Station fiel mir die Trinkflasche hinunter.
Ach, ich Dummerchen.
Ich verschwand in den Tiefen des Gerätes und klaubte umständlich meine Pulle wieder hervor.
Mit einer beiläufigen Handbewegung klingte ich dabei den Gewichtsriegel von 101 auf irgendwo um die 170kg ein.
Der Herr Polizeidirektor nahm würdevoll Platz, blickte auf die Gewichtseinstellung, sah zu mir herrüber (oder vielmehr auf meine Waden), dann wieder auf die Gewichte – und nahm etliche Gewichte herrunter.
Tja, Herr Polizeipräsident: Man kann ja unterlegen sein, solange man sich zu helfen weiß!

In diesem Sinne,
Euer Dummschwitzer

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