Samstag, 4. Februar 2012

Projekt XX: StrongmanRun 2012

Tag: 123 / 69. Trainingstag: "Triathlon-Training"
Wetter: Zweistellig unter Null, viel Sonne. War kaum draußen.

Die Dhünn ist mittlerweile zu gut einem Drittel zugefroren. Das Gras am Flussdamm weiß von Raureif steuert die Sonne einen honiggelben Teint bei.
Der heutige Trainingstag fing also zumindest optisch schonmal sehr gut an.
Ob das Training ebenfalls sehr gut ausfallen würde, dessen war ich mir zum ersten Mal seit langem gar nicht sicher, denn ein wahres Ungeheuer türmte sich vor mir auf.
Ich hatte mir viel vorgenommen. Wahrscheinoich sogar zuviel.
Genau genommen ist jede der 3 Einheiten heute für sich genommen schon eine „normale“ Tageseinheit.
Mit der groben Kelle würde ich heute vom reinen Läufer, der pro Woche ein oder zwei Stabi-Übungen im Kraftraum absolviert, zum Triathleten-Training wechseln.
Triathlon.
Das große Abenteuer.
Schwimmen. Radfahren. Laufen.
So vielseitig wie dieser Sport ist zwangsweise auch das Training dafür.
Zusätzlich dazu muss der Wechsel zwschen den einzelnen Disziplinen geübt werden und die Verpflegung während der Wettkämpfe kommt ebenfalls eine erheblich größere Bedeutung zu, als das bloße „Trinken“ beim Laufen.

Aber alles zu seiner Zeit.
Heute steht erstmal eine kleine Bestandsaufnahme auf dem Programm.
2 Stunden Schwimmen.
Das komplette Kraftprogramm.
Danach Spinning solange die Kräfte reichen.

Im örtlichen Spaßbad angekommen drehte ich erstmal in Ruhe ein paar Bahnen. Danach fragte ich nach der privaten Filmerlaubnis.
Ich bekam sie von den Schwimm-Meistern, allerdings natürlich unter der Auflage, dass ich ausschließlich (bzw hauptsächlich nur) mich filme.
Soll heißen: Nicht wild in die Menge filmen und vor allem bei den Unterwasseraufnahmen aufpassen, welche Körperteile im Hintergrund noch so rumschwimmen.

Der Probedreh, zwecks Belichtungstest war mal wieder sehr spaßig.
Ich kam mit einer sehr netten, asiatischen Schwimmerin ins Gespräch, die ebenfalls ihre Bahnen im Kraulstil abspulte.
Hin und wieder kam ein Bademeister, oder eine Bademeistering vorbei und erkundigte sich interessiert.
Ein anderer Badegast hatte vor ein paar Tagen mit seiner GoPro bereits ein paar Stunts von den Startböcken gefilmt.
Aber einen der „nur“ das Schwimmen filmt – Das war wohl neu.

Um 12:35Uhr war ich mit Schwimmen durch und ging direkt zum anderen Dhünn-Ufer ins Fitness-Studio.
Unterwegs trudelten bereits die ersten VfB-Fans ein und sangen laut ihre Lieder für Stuttgart und gegen Leverkusen.
Soll mir gleich sein. Fussball im Allgemeinen und die Bundesligen im Besondern interessieren mich kaum bis gar nicht.
Aber ihr Dialekt war lustig!
Im Studio gings dann erstmal in den Geräte-Bereich, ein kurzes Schwätzchen mit Aleks, ein längeres Schwätzchen mit einem Strongman-Shirt-Träger. Wie sich herausstellte war sein vorgesetzter Meister einer der Veranstalter des 9-Meilen-Laufes im Neulandpark.
Die Läuferwelt ist eben klein.
Um 13:45 Uhr stand ich wieder in der Umkleide.
Hose runter.
Unterhose runter.
Radlerhose an.
2 Pullen „Raktentreibstoff XXL“, 1 Pulle Wasser, 2 Powerbars, 1 „Big Corny Schoko“.
Zusätzlich der Pulsgurt, mein treuer Bordcomputer und der iPod.
Och, und wenn ich sie schon dabei habe, auch noch die GoPro.
Irgendwann hatte ich dann auch mal das Spinningbike halbwegs an meine Körpergröße angepasst, Lenker und Sattel eingestellt und, die übersichtliche Bordelektronik gestartet.
Punkt 14 Uhr startete ich das Training.
Der Plan war so lange wie möglich im 75 – 80%igen Pulsbereich zu radeln.
Nach 30 Minuten hatte ich bereits knapp über 20km auf der Uhr.
Umgerechnet also über 40km/h.
Das ließ sich ja gut an.
Um mich herum wechselten die Benutzer der Ergometer, Stepper, Crosstrainer und Rudermaschinen.
Nur ich blieb stur auf meinem Spinningbike, übrigens dem Einzigen außerhalb der Kursangebote, hocken.
Unter mir bildete sich einmal mehr ein großer See aus Salzwasser.
Aus meiner Nase lief es ebenfalls nahezu ununterbrochen.
Hatte ich mich etwa erkältet?
Irgendwann war mir klar, dass das eigentlich nur Chlorwasser aus dem Schwimmbad sein konnte, welches aus meinen Nebenhöhlen zurück lief.
Schließlich hatte ich ja vorhin fast 2 Stunden lang den Kopf unter Wasser.
Langsam krabbelte der Zeiger auf der Wanduhr weiter.
Radfahren ohne Straße ist echt eine langweilige Sache, soviel steht mal fest!
Zum Glück hatte ich mir den iPod mit meiner alten Rennrad-Playlist unter das Schweißband am Handgelenk geklemmt.
Ab und an biss ich von meinem Corny ab, trank einen Schluck Wasser, dann wieder mein Spezialgemisch, dann ein Bissen Powerbar, wieder ein Schluck Wasser.
Die Drehzahl bei nahezu konstant 100 Umdrehungen, der Puls bei 165 bis 177.
Das war ein wenig über dem Soll, ungefähr 85% Leistung.
Aber solange ich konstant für Energienachschub sorgte, blieben meine Beine ungekannt frisch.
…nur der Rücken meckerte langsam, gerade in der „faked-aero“-Position.
Normal versucht man als Rennradfahrer ja so wenig Luftwiderstand wie möglich zu bieten. Das geht am Besten mit dem Oberkörper über den Lenker gebeugt.
Der Lenker dafür heißt „Aero-Aufsatz“, daher der Name. „Faked“, weil man im Studio keinen Fahrt- oder Gegenwind hat.
Leider.
Denn ich schwitzte wirklich sehr übel.
Das nächste Mal stelle ich mir einen Propeller vors Bike!
Nach knapp 90 Minuten waren beide Flaschen leer und das letzte Stück Powerbar verbraucht.
Ab Minute 105 merkte ich plötzlich die Anstrengung in den Beinen.
Mein Rücken machte sich langsam aber sicher richtig unbeliebt.
Das Problem war, dass man den Sattel zwar in der senkrechten und waagerechten verstellen konnte, aber man konnte ihn nicht neigen.
Meine Sättel waren immer um gut 30° vorn nach unten geneigt.
Dadurch kippt das gesamte Becken nach vorne und der Knicken in der Lendenwirbelsäule zum Becken ist deutlich schonender, weil weniger eng.
Da das hier nicht möglich war, ich aber aus Gewohnheit den Sattel gut 3cm „überhöht“ hatte (also höher als den Lenker, um eine noch aerodynamischere Sitzposition einnehmen zu können), beschrieb meine Wirbelsäule am Becken einen fast einen 90°-Knick.
Immer wieder richtete ich mich auf, versuchte die Hüften zu lockern.
Dabei stelle ich fest, dass die Bordelektronik scheinbar irgendwo einen Sensor im Lenker hatte. Oder schlicht einen Wackelkontakt?!
Jedenfalls zeigte mir der Tacho nach 1 3/4 Stunden Trainingszeit gerade einmal knapp die Hälft an.
Sowas drückt auf die Moral.
Punkt 16 Uhr, also genau 2 Stunden nach Trainingsbeginn, ließ ich das Gerät ausrollen und krabbelte mit schwammigen Schritten zum Reinigungs-Spray.
Es hätte mich schon sehr interessiert, wie es sich jetzt wohl anfühlt einen Halbmarathon zu laufen.
Auf der Triathlon-Mitteldistanz folgten nämlich auf die knapp 90km Rad ganze 22km Laufen.
Aber statt zum Laufband begab ich mich zur Bodenmatte, trocknete mich ab und dehnte die Beine gründlich los.
Eigentlich hatte ich gehofft deutlich mehr als 100km auf dem Bike zu schaffen, leider sind es nur knapp 80km geworden. Aber ich habe ganz erheblich die Anstrengungen von 2 Stunden Schwimmen und dem Krafttraining unterschätzt.
…und ich habe gelernt, dass ich im Studio auf jeden fall mehr als 3 Liter pro 100km trinken sollte!
Nach der erfrischensten Dusche seit Menschengedenken gönnte ich mir einen Mega-Proteinshake bei Richy am Tresen und hielt noch ein kleines Schwätzchen mit ihm und einer Trainerin (aargs, wir hatten uns noch nicht namentlich vorgestellt, hole ich nach!) über Triathlon, Laufen und die entsprechende Ernährung.
Um 17:10 Uhr machte ich mich auf den Rückweg.
5 Minuten vor Schlusspfiff in der BayArena in Sichtweite.
An Spieltagen muss man sich genau überlegen was man wann und wo im Sportpark unternehmen will!
Als ich das Studio verließ, ging gerade die Sonne sehr farbenfroh irgendwo hinter Köln und über den bereit stehenden Polizei-Eskorten unter.

Das war mit 7 Stunden (davon ca 5 1/2 reine Trainingszeit) der mit Abstand längste und härteste, aber gleichzeitig auch einer der mental erfüllensten und schönsten Trainingstage, die ich bisher absolviert habe.
Am Liebsten würde ich gleich morgen meinen ersten, echten Wettkampf bestreiten wollen!

Tagesbilanz: 2h Schwimmen (über 150 Bahnen) / Krafttraining / 2h Spinning (80km)
Begegnungen: Äußerst nette Schwimm-MeisterInnen

Erkenntnis des Tages:

Mannigfaltig! Hier sind die Charts.

6. Lauthals pöbelnde Sturgart-Fans kannscht escht net ernscht nämme!
5. Überpacen unter Wasser ist nicht sinnvoll.
4. Jetzt habe ich den Hauch einer Ahnung, wie sich die Mitteldistanz anfühlt.
3. Bei mehrstündigen Wettkämpfen ist Verpflegung das A und O!
2. Triathlon ist viel mehr als nur die Summe aus Schwimmen, Radfahren und Laufen.
1. Ich könnte mir nichts schöneres vorstellen!

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